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Barão-Hutter

HSG Learning Center . St. Gallen

Barão-Hutter . HSG Learning Center . St. Gallen (1)

Barão-Hutter Architekten

Selected competition entry.
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 Wenn der Campus als eine Art Akropolis der Lehre gelesen werden kann, so wird das Learning Center darin zum neusten Tempelbau: Als dreigeschossige, weitmaschige Säulenhalle offeriert es eine maximale Grosszügigkeit und Flexibilität. Der Entwurf schlägt eine Struktur vor, welche sich gegen Süden und den Campus ausrichtet und die Präsenz als öffentliches Gebäude auf der Hügelkuppe nicht scheut. Die gestaffelte Südfassade fasst den Zugang und Stadtraum auf eine markante Weise (s. Bild, Blatt 2). Das Projekt basiert dabei auf der Überzeugung, dass das Bibliotheksgebäude weder abgerissen werden wird – noch soll. Auch unterwirft sich der Entwurf nicht dem «Erweiterungskonzept» von 1963 und seiner orthogonalen Ordnung. Vielmehr ergibt sich die städtebauliche Setzung aus den bestehenden Erschliessungen, Freiräumen und Blickachsen. Bei einer neuen Setzung innerhalb des HSG-Campus hat – wie bei Akropolen – die Aufmerksamkeit der menschlichen Wahrnehmung und räumlichen Choreografie der Baukörper und Freiräume zu gelten – und nicht dem abstrakten Muster eines unrealisierbaren Idealplans.

Anbindung und Zugang
Der öffentliche Hauptzugang liegt südseitig und ebenerdig an einem besonnten, weiten Vorplatz. Parallel dazu wird das Gebäude «campus-intern» über einen tiefer liegenden, geschützten Weg mit dem Foyer des Bibliothekbaus verbunden. So, dass sich die bestehenden und neuen Foyerräume sowie die Gastronomie, die Garderoben und die Medienausleihe gegenseitig ideal ergänzen. Zudem wird so die gut funktionierende und intuitiv verständliche Bibliotheks-Raumorganisation nicht tangiert, verkleinert oder verkompliziert. Der viertelkreisförmige Vorlesungssaal wird weiter freigespielt und der Zwischenraum als stiller, birkenbestandener Garten gestaltet (s. Bild oben). Der öffentliche Zugang darüber ist hingegen von Weitem erkennbar: er wird mit einem skulpturalen Element – dem Betonfaltdach des gedeckten Campus-Umgangs – visuell begleitet und führt direkt in die Bar und in das räumlich eindrückliche Café, was die Aneignung des Learning Centers durch eine breite Öffentlichkeit ermöglicht.

Entwurfsidee
Das radikal offene Learning Center über eingeschossigem, massivem Sockel weist keine einzige feste, opake Wand auf. Der Entwurf verzichtet komplett auf tragende oder aussteifende Wandscheiben. Pro Geschoss 48 eingespannte, um 45 Grad gedrehte und mit Unterzügen über Kreuz verbundene Hohlpfeiler übernehmen sämtliche Kräfte und versorgen – einem feingliedrigenn«Organismus» gleich – das nur von einer Glashaut umhüllte Gebäude vertikal mit der notwendigen Infrastruktur (s. Details, Blatt 7 + 8). Die Raum-, Tragwerks-, Gebäude- und Medientechnikkonzepte messen damit der Nutzungsflexibilität und Adaptabilität allerhöchste Priorität bei!
Im Gebäude werden nur die Lage der Treppen und der Aufzüge festgelegt – alles weitere kann variabel eingerichtet, bestimmt und angepasst werden (s. Grundrisse, Blatt 6). Trotz seiner eingenständigen Architektursprache und einprägsamen Gestalt ist der Entwurf eng mit den bestehenden Campus-Bauten verwandt: Allem voran bezüglich Materialität, Massstab, Rhythmus und Atmosphäre.

Bar, Foyer und Orientierung
Das 9.5m hohe «Cyber-Café» mit grosser Bar und 150 Sitzplätzen an promenenter Lage ist der Treff- und Informationspunkt für Lernende und Lehrende schlechthin. Sofort wird klar: An der HSG sollen nicht nur isolierte «Bildschirmerfahrungen» gesammelt werden, hier geht es um den direkten Austausch, um zwischenmenschliche Begegnung. Die Bar ist öffentlich und gleichzeitig der (Ausgangs-) Ort der «Kuratorin» oder des «Kurators». An das Café angeschlossen sind der kristalline HSG-Shop und grosse, frei unterteilbare Ausstellungs-, Präsentationsund Vorstellungsflächen (prädestiniert zB für öffentliche Veranstaltungen) sowie das zentrale Foyer. Sämtliche Zugänge in die übrigen Gebäudeteile sind von diesem quadratischen Foyer aus organisiert und – bei aller Variabilität – leicht auffindbar: Von hier gelangt man direkt zur Beratungund Administration, zur räumlich eindrücklichen, ruhigeren «Donator’s-Lounge», zu den nordseitigen EDV-Lernplätzen inklusive Print-, Scan- und Support-Bereichen sowie zu den grossen Aufzügen (2 × 21 Personen, respektive 2 × 1600kg) und Treppen.