Amunt Martenson . Luc Merx . photos: © Filip Dujardin
Nach einem Entwurf der Architekten Björn Martenson und Luc Merx wurde in der Nähe des niederländischen Venray ein neues Landhaus gebaut.
Das Projekt spielt mit den in unserem Kulturkreis widersprüchlichen Vorstellungen von Landschaft und Natur. Ein ökologisches Verständnis von Landschaft, der technische Blick und die industriellen Methoden der modernen Landwirtschaft stehen im Kontrast zur idyllischen Idee eines pittoresken Arkadien.
Die Architekten interpretierten das Grundstück weniger als Garten, sondern vor allem als Teil einer Landschaft. Die ehemalige landwirtschaftliche Fläche war stark überdüngt und mit Pestiziden verseucht. Trotz Teilversiegelung vergrößern nun Teich, Streuobstbäume, Wildblumenwiese und Vogelbusch jetzt die Artenvielfalt der Parzelle. Das Grundstück wird dadurch zum lebendigen Biotop. Hasen, Fasane und Distelfinken sind zurückgekehrt.
Pastorale/Arkadien
Typologisch spielt das Projekt mit verschiedenen Referenzen. Das Wort „Boerderette“ ist abgeleitet vom niederländischen „Boerderij“, Bauernhof und bezeichnet Häuser im englischen Landhausstil. „Boerderetten“ haben die Sehnsucht nach dem Landleben seit den 1980er Jahren in Holland zur Karikatur verkommen lassen – wie in anderen Ländern auch. Das Gebäude greift diese Sehnsucht auf und knüpft darüberhinaus an ältere Referenzen an wie die Hameaus von Chantilly und Versailles, Sehnsuchtsorte nach Einfachheit des Adels im absolutistischen Frankreich. Es ist gleichzeitig „Ornamental Farm“ und „Maison de Plaisance“, also Lusthaus.
Ausgangspunkt sind darüber hinaus lokale Bauernhaustypologien, insbesondere die des Langgiebelbauernhofs („Langgevelboerderij“). Genau wie das „Maison de Plaisance“ sind diese gekennzeichnet durch Mansarddächer, oft aus Stroh. Typisch ist auch ihre Lage senkrecht zur Straße. An der straßenseitigen Stirnseite ist meistens die Scheune untergebracht.
Das Material der neuen „Boerderette“ zitiert dagegen technische landwirtschaftliche Gebäude wie Silos, Scheunen und Gewächshäuser. Ein Beispiel dafür ist das Profiltafeldach aus Aluminium, das die Ästhetik landwirtschaftlicher Nutzbauten aufgreift – das idyllische Klischee wird durch diese Materialwahl gebrochen.
Garten
Die Gestaltung des Gartens arbeitet mit denselben Referenzen. Der Freiraum wird in kleinere Bereiche unterteilt. Die Lage des Nutzgartens, in der Nähe der Küche, entspricht der Situation ortstypischer Bauernhöfe. Ein anderer Teil des Geländes wird zur Streuobstwiese. Der Teich zitiert dagegen nicht nur die Tümpel der Umgebung, sondern auch das „Maison de Plaisance“. In der Nähe des Hauses liegt der eigentliche Naturpool. Während dieser einem geometrischen Wasserbassin eines französischen Gartens ähnelt, wirkt der anschließende, amorphe Reinigungsteich im hinteren Bereich des Gartens wie der verkleinerte See eines englischen Gartens. Mit Hilfe des Aushubs wurde ein kleiner Hügel geschaffen. Dieser schützt den Garten, insbesondere den Pool, zur Straße hin. Seine Vegetation, naturbelassenes Gebüsch, zitiert den wilden Bereich des englischen Landschaftgartens und ist z.B. vergleichbar mit dem Desert in Ermenonville.
Gebäude außen
Die zur Straße hin orientierte Giebelfassade ist als Silhouette entworfen: Das Profil von Mansarddach und die Sockelkehle sind dadurch gut erkennbar.
Durch transluzente Polycarbonatstegplatten lässt sich schemenhaft erahnen, was sich hinter der Fassade befindet. Die Garage liegt als Puffer zwischen Straße und Wohnbereich.
Das Gebäude ist als Holzrahmenbau auf einer erhöhten Betonbodenplatte konstruiert. Die Gartenfassaden sind großzügig verglast, die geschlossenen Fassadenbereiche sind verputzt.
Die klare Form des Daches wird durch den Verzicht auf Regenrinnen verstärkt. Der zurückspringende Sockel vermeidet die Verschmutzung durch Spritzwasser und hebt das Haus leicht an. Aus dem Sockel auskragende Terrassen im Norden und Süden verbinden den Innenraum über große Schiebetüren mit dem Garten.
Aufgrund des erhöhten Standpunktes des Gebäudes blickt man aus dem Inneren frei in die Landschaft. Durch die geringe Gebäudetiefe (6,50 m) öffnet sich das Haus im Erdgeschoss sowohl nach Norden als auch nach Süden.
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