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University Hospital | Perimeter B . Basel
Herzog & de Meuron . rapp architekten
Winning Competition entry .
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Basel und die Life Sciences: Universitäts- und Spitalstadt Das Basler Universitätsspital liegt innerhalb der Stadtmauern des 13. Jahrhunderts und ist bis heute von kleinmassstäblichen Strukturen der Altstadt umgeben. Im Gegensatz zur in der Umgebung vorherrschenden Blockrandbebauung besteht der historisch gewachsene Spitalcampus aus prägnanten Einzelbauten um eine innerstädtische, von der Öffentlichkeit mitgenutzte Gartenanlage. Mit dem Entscheid zu Verbleib und Verdichtung des Spitals in der Nähe zur Universität geht einher, dass sich weitere Institutionen aus den Bereichen medizinischer Lehre, Forschung und Heilung an dieser zentralen Lage ansiedeln, wie zum Beispiel der Neubau für das Departement D-BSSE der ETH Zürich. Mit dem 2018 fertiggestellten Biozentrum und demnächst dem Turm des Klinikums 2 (K2) ragen grossmassstäbliche Gebäudevolumen erratisch und unvermittelt aus der Stadt-Silhouette heraus. Dieser Entscheid ist nicht reversibel – hier entsteht eine Stadt in der Stadt, eine Universitäts- und Spitalstadt. Diese weiter wachsende Gesundheitsstadt verlangt nach einer urbanistischen Vision, um die singulären Funktionsbauten in ein stadträumliches Gesamtkonzept zu integrieren. Eine Gruppe hoher Häuser ist überall sinnvoller als vereinzelte. Wir schlagen deshalb für das Gebäude auf dem Entwicklungsfeld im Perimeter B, welches das Ensemble von Bauten um den Spitalgarten ergänzt, ebenfalls ein höheres Haus vor. Darüber hinaus sehen wir längerfristig Potential, die Universitäts- und Spitalstadt weiter in die Höhe zu verdichten – bei gleichzeitiger Erweiterung des Gartens. Diese zeitgenössische Stadt mit ihren berechtigten Ansprüchen der Forschung, der Lehre und der Heilung manifestiert sich hinter der Vedute der historischen Stadt. Eine stadträumliche Eigenheit, die das Stadtbild Basels seit dem 20.Jahrhundert prägt, wird akzentuiert: das selbstverständliche Nebeneinander der kleinteiligen, historischen Stadt und der Stadt der Farb-, Chemie-, Pharma-und der Life-Sciences-Industrie. Funktionalität und Städtebau: Eine Komposition aus drei Baukörpern Der Neubau muss höchsten Ansprüchen eines komplexen Funktionsprogramms genügen. Er beherbergt als definitive Nutzungen das ambulante Tumorzentrum, Laboratorien und die ambulante Nephrologie. Ausserdem stellt er Flächen bereit, die bis zur Fertigstellung des K2 als Rochadeflächen (Phase 1) genutzt werden, bevor sie ihren definitiven Nutzungen (Phase 2) zugeführt werden können. Gemeinsam mit Teamplan haben Rapp und Herzog & de Meuron diese Anforderungen an die Flexibilität in eine Komposition aus drei Baukörpern übersetzt: einem horizontalen, drei- bis viergeschossigen Sockelbau mit zwei darauf schwebenden Objekten, einem zwölfgeschossigen Kubus und einem eingeschossigen, nierenförmigen Pavillon. Diese Gliederung des grossen Volumens in mehrere Baukörper ermöglicht ein störungsfreies Nebeneinander definitiver Nutzungen und Rochadeflächen. Die Auflösung in verschiedene Baukörper erlaubt es zudem, sowohl zur städtischen Umgebung als auch zum Spitalgarten präzise räumliche und atmosphärische Bezüge herzustellen. An der Hebelstrasse wird der niedrige Massstab der denkmalgeschützten Nachbarschaft mit dem dreigeschossigen Sockelbau aufgenommen. Am anderen Ende fasst der an dieser Stelle viergeschossige Sockelbau den Spitalgarten und tritt mit dem Klinikum 1 (K1) in ein ähnliches Verhältnis wie das heutige Schwesternhaus von Hans Schmidt. Aus der gegenwärtig unattraktiven Ringstrassen-Verzweigung Schanzenstrasse/Klingelbergstrasse entsteht durch das neue, axial ausgerichtete Hochhaus ein städtischer, markanter "Platz der Forschung" mit Zugang zum neuen Gebäude und zum Spitalgarten. Es bildet ein klares Vis-à-Vis zum Neubau des K2. Der Kubus ist Teil der urbanistischen Vision und verleiht der wachsenden Universitäts- und Spitalstadt eine Identität und eine Mitte. Sockel für definitive Nutzungen: Tumorzentrum und Labore Eine überdachte, unter dem Kubus gelegene Vorfahrt am "Platz der Forschung" markiert den Haupteingang zum neuen Spitalgebäude von der Klingelbergstrasse. Sein fein geschwungener Sockel wird durch die Haupterschliessungsachse in zwei Hälften unterteilt. Die Eingangshalle verbindet wie im K1, aber in intimerem Massstab, die Strasse mit dem Spitalgarten. Sie dient der direkten Erschliessung aller Abteilungen, die im Sockel (und im Kubus) angesiedelt sind: dem ambulanten Tumorzentrum in den unteren drei Geschossen und den Laboratorien in den zwei darüber liegenden. Auf beiden Seiten bringen Innenhöfe Tageslicht bis ins Zentrum und schaffen Orientierung der jeweiligen Abteilungen – Warte- und Aufenthaltszonen gliedern sich dort an. Die Flure sind durch Blickbeziehungen zu Stadt und Garten rhythmisiert, kleine Terrassen ermöglichen Mitarbeitenden und Patienten Aufenthalte an der frischen Luft. Die Anbindung an das K1 erfolgt ober- und unterirdisch entlang der Schanzenstrasse. Die bestehenden komplexen Infrastrukturen im Untergrund, die während und nach der Bauzeit weiter betrieben werden müssen, sind eine funktionale und statische Herausforderung. Pavillon: Nephrologie Die Nephrologie mit ihrer Dialysestation bekommt ihre Heimat im Pavillon auf dem Dach des Sockels. Die Nähe zum Holsteinerhof und der eigene Eingang von der Hebelstrasse schaffen einen Bezugsort und Privatsphäre für die mehrmals wöchentlich wiederkehrenden Dialyse-Patienten. Kubus: Flexible Flächen für zwei Nutzungsphasen Die Rochadeflächen sind im Kubus untergebracht, der über eine hohe Flexibilität und einen effizienten Grundriss verfügt. Die Umbaumassnahmen für Phase 2 fallen nur im Hochhaus an und werden den laufenden Betrieb im Sockel nur marginal beeinträchtigen. Als Nutzer der Rochadeflächen vorgesehen sind ambulante Einheiten wie die Chirurgische Poliklinik, die Dermatologie, die Medizinische Poliklinik und die Funktionsdiagnostik. Dabei handelt es sich um Bereiche mit einer hohen Frequenz an Patienten, welche über den Haupteingang direkt an ihre Destination gelangen. In Phase 2 wird der Kubus nach heutigem Planungsstand durch Pathologie und Medizinische Genetik, aber auch durch Forschung und Lehre belegt werden. Denkbar ist auch, dass die heute ausserhalb des Campus Gesundheit gelegene Universitäre Augenklinik ihren Platz im neuen Gebäude des USB findet. Gestalt und Fassade: Geschwungene Konturen, fein strukturiert Die Architektur zeichnet sich durch fein geschwungene, konvexe und konkave Konturen aus. Deren Ursprung liegt in der Grundstücksform, dem Verlauf der ehemaligen Stadtmauer, die zur Ringstrasse wurde. Diese grossen Gesten werden in biomorphen Formen kleineren Massstabs aufgenommen und fortgeführt: im Dach des Nephrologie-Pavillons, in der Eingangshalle und bei kleinteiligeren Elementen des Gebäudes wie Treppen, Rampen und den Brise-Soleils in der Fassade. Auskragende Betondecken, zurückversetzte Verglasungen, Brise-Soleils aus Leichtbeton, Stoffmarkisen und Natursteinverkleidungen verleihen dem neuen Gebäudekomplex eine Tiefe und einen offenen, atmenden und gleichzeitig mineralischen Charakter. Verwandtschaften mit anderen Bauten auf dem Spitalcampus sind gewollt, insbesondere mit dem K1 als grossartigem Beispiel der Spitalarchitektur der Moderne, dessen Vokabular und Material-Sprache wir weiterentwickelt haben. Die Brise-Soleils leiten Tageslicht tief ins Gebäudeinnere und bieten einen "mineralischen Sonnenschirm " für eine hochtransparente Fassade. In umgekehrter Richtung minimieren sie die Reflexion der Sonne zurück in den Stadtraum und die Lichtverschmutzung. Die Fassaden sind am menschlichen Massstab orientiert, hell und fein strukturiert und thematisieren in unterschiedlicher Weise Sonne und Licht. Spitalgarten: Herzstück des Universitätsspitals Der Neubau betont die vorhandenen Qualitäten des innerstädtischen Spitals und verstärkt sie als Teil der Gesamtvision. Herzstück des Areals bleibt der Spitalgarten mit seinem Baumbestand, der auch von der Öffentlichkeit mitgenutzt wird. Der relativ niedrige Sockel fasst den Garten und lässt ihm gleichzeitig Raum, Luft und Sonne. Auf dem Sockel bietet eine bepflanzte Dachterrasse Ausblicke über den barocken Garten des Holsteinerhofs und den Spitalgarten. Herzog & de Meuron/Rapp, 2019